Galerie "Die Hütte" Pobershau

Foto: Galerie "Die Hütte"
Foto: Galerie "Die Hütte"

Galerie "Die Hütte" in Pobershau - Weihnachtskrippe von Gottfried Reichel

Die im Jahr 1952 von Gottfried Reichel (1925 bis 2015) gestaltete Weihnachtskrippe fällt in die Anfangsphase eines umfangreichen künstlerischen Schaffens. Unter den Schnitzern des Erzgebirges nimmt der in Pobershau bei Marienberg geborene Reichel eine Sonderstellung ein. Das Schnitzen lernt Reichel, dessen Vorfahren Bergleute und Handwerker waren, wie viele andere bereits als Kind. Kindheit und Jugendzeit sind überschattet von der Diktatur der Nationalsozialisten. Sein Vater ist bereits vor der Machtergreifung der Nazis Parteimitglied der NSDAP und auch Gottfried Reichel selbst lässt sich von der NS-Propaganda blenden. 1944 meldet sich Reichel nach einer Ausbildung in der Wehrmacht freiwillig zum Fronteinsatz und wird Teil der Waffen-SS.

 

Einschneidend sind für Gottfried Reichel das Ende des NS-Terrorregimes und die Kriegsgefangenschaft in England. Dort setzt sich Reichel mit den im Namen des deutschen Volkes begangenen Verbrechen auseinander und beschäftigt sich mit der britischen Demokratie. 1948 kehrt er als veränderter Mensch nach Pobershau zurück. Enthusiastisch tritt er eine Stelle als Neulehrer an, wird aber bereits nach kurzer Zeit aus weltanschaulichen Gründen wieder entlassen. Reichel arbeitet fortan als Buchhalter. In seiner Freizeit beginnt er zu schnitzen. Im Schuppen und einer schlichten Wohnung entstehen in den Wintermonaten ausdrucksstarke Figuren. Für die Entwicklung seines eigenen Stils ist die Auseinandersetzung mit den Arbeiten von Käthe Kollwitz und Ernst Barlach prägend. In regionalen Schnitzausstellungen ist Gottfried Reichel nicht erwünscht und bleibt so lange Zeit unbeachtet.

 

In den Werken von Gottfried Reichel, der sich in der örtlichen Kirchgemeinde engagiert und u.a. einen Jungmännerkreis aufbaut, spiegelt sich der intensive Umgang des Künstlers mit der Bibel. Neben Szenen aus dem Alten und Neues Testament setzt sich Reichel mit der NS-Vergangenheit und der Gegenwart in der DDR auseinander. An seiner Weihnachtskrippe sieht man die Weisen ohne Geschenke zum Jesuskind kommen. Sie selbst sind die Beschenkten, will uns der Künstler damit verdeutlichen. In der 1976/77 geschnitzten Figurengruppe „Deportation nach Babylon“ verbindet Reichel die biblische Geschichte und die Verschleppung der europäischen Juden durch die Nationalsozialisten. Der Künstler selbst hat sein Schaffen als „Schnitzen wider das Vergessen“ bezeichnet.

 

Diesem Anliegen ist auch die 1997 eröffnete Dauerausstellung in seinem Heimatort gewidmet. Über 300 Figuren umfasst die Schau in der eigens für diesen Zweck geschaffenen Galerie „Die Hütte“. Die Weihnachtskrippe ist Teil der Ausstellung, in deren Zentrum die größte Figurengruppe die Menschen im Warschauer Ghetto zeigt.

 

Bei Gruppen wird um Voranmeldung gebeten. Der Besuch ist auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten möglich. Informationen zu den Öffnungszeiten gibt es hier.

 

Galerie „Die Hütte“

OT Pobershau
Rathausstraße 10
09496 Marienberg


E-Mail: die-huette@marienberg.de

Tel.: 03735/62527